Green Deal: Endlich eine umfassende Lösung für den Umgang mit Greenwashing – oder doch nicht?

Im Rahmen der aktuell hohen Regulationsdichte zur Umsetzung des europäischen „Green Deals“ ist auch „Greenwashing“ Teil der aktuellen Novellierungswelle.

Am 22. März 2023 hat das Europäische Parlament einen Vorschlag für eine Richtlinie zum Greenwashing mit dem Ziel der Einführung gemeinsamer Kriterien für Umweltaussagen gemacht. Dieser Vorschlag enthält spezifischere Vorschriften und ergänzt die vorgeschlagenen Änderungen an der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, indem neben einem allgemeinen Verbot irreführender Werbung spezifischere Vorschriften für Umweltaussagen festgelegt werden.

Hauptsächlich zielt der Vorschlag darauf ab, Verbrauchern größere Klarheit und mehr Sicherheit zu geben, dass als „umweltfreundlich“ deklarierte Produkte, auch tatsächlich „umweltfreundlich“ sind. Verbraucher sollen auf dieser Grundlage fundiertere Entscheidungen für umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen treffen können. Ziel ist, zuverlässige, vergleichbare und überprüfbare Informationen auf Produkten sicherzustellen. Für Unternehmen liegt der Vorteil darin, dass künftig klarer erkennbar sein soll, welche Unternehmen echte Anstrengungen zur Verbesserung der Umweltverträglichkeit ihrer Produkte unternehmen. Der Vorschlag soll auf diese Weise dazu beitragen, gleiche Ausgangsbedingungen in Bezug auf Aussagen zur Umweltleistung von Produkten zu schaffen.

Neben dem Verbraucherschutz, der durch die Richtlinie gefördert werden soll, kann Greenwashing den Fortschritt in Richtung einer nachhaltigeren Wirtschaft behindern, indem es echte Nachhaltigkeitsbemühungen diskreditiert, sodass nun Handeln geboten ist, um die Klimaziele bis 2030 realisieren zu können.

Im Detail ist Sinn und Zweck des aktuellen Vorschlags, Unklarheiten und Unsicherheiten für Verbraucher zu regulieren, auch in Hinblick auf die starke Zunahme öffentlicher und privater Umweltzeichen. Nach dem Vorschlag sollen Unternehmen, die freiwillige Umweltaussagen über ihre Produkte oder Dienstleistungen machen, fortan gewisse Mindeststandards einhalten müssen. Diese beziehen sich einerseits auf den Beleg und andererseits auf die Kommunikation von Umweltaussagen. Der Vorschlag zielt darauf ab, gemeinsame Kriterien für Umweltaussagen einzuführen. Wissenschaftliche Erkenntnisse sollen als Grundlage hierfür dienen. Neue privatwirtschaftliche Umweltzeichen sollen nur eingeführt werden, wenn sie erheblichen zusätzlichen Nutzen haben. Neue Umweltzeichen sollen nur unter Einhaltung des Unionsrechts eingeführt werden dürfen und Belege für die Umweltfreundlichkeit sollen öffentlich zugänglich sein.
Eine Kernaussage des Vorschlages ist, dass eine Vermarktung von Produkten als umwelt- oder klimafreundlich nur noch dann als zulässig gelten soll, wenn die Aussage auf den allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem neuesten Forschungsstand beruht und die einschlägigen internationalen Standards berücksichtigt werden (vgl. Art. 3 Nr. 1 (b)). Hierbei soll bei der Bemessung der gesamte Lebenszyklus des Produkts zu berücksichtigen sein. Sofern es sich bei der Kennzeichnung um ein neues privatwirtschaftliches Umweltkennzeichen handelt, soll dieses nur genehmigungsfähig sein, wenn es einen erheblichen zusätzlichen Nutzen bezogen auf den ökologischen Ehrgeiz, die Breite der Umweltauswirkungen oder Produktkategorien und zur Unterstützung der grünen Neuausrichtung kleiner und mittlerer Unternehmen bietet (Art. 8 Nr.5). Es soll künftig eine veröffentlichte Liste der Kommission mit den offiziell anerkannten Umweltkennzeichen geben, die auf dem Unionsmarkt verwendet werden dürfen (Art. 8 Nr. 7).

Die Überprüfung von Umweltangaben und Kennzeichnungssystemen soll zukünftig durch Unabhängige stattfinden. Sie sollen die umweltbezogenen Angaben und Kennzeichnungen nach den Anforderungen der Richtlinie unabhängig überprüfen und zertifizieren. Eine amtlich zugelassene Stelle soll diese Ex-ante-Prüfung der Angaben vornehmen, die von dem Unternehmen, das sie verwenden möchte, vorgelegt werden. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass jede Angabe, mit der der Verbraucher konfrontiert wird, auf ihre Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit hin überprüft worden ist. Der Prüfer soll entscheiden, ob eine EU-weit anerkannte Konformitätsbescheinigung ausgestellt wird (Art. 10, 11).
Die Umsetzung der Richtlinie soll in den Mitgliedsstaaten stattfinden, wobei die Wirksamkeit maßgeblich von den Rechtsfolgen abhängen wird. Wie dies konkret ausgestaltet wird, bleibt spannend. Die Sanktionen bei Verstößen gegen nationale Vorschriften sollen die Mitgliedsstaaten hierbei selbst festlegen, wobei der Vorschlag für die Ahndung von Verstößen eine Reihe Verpflichtungen vorsieht, die die Mitgliedstaaten bei der Festsetzung ihrer Sanktionsregeln zu beachten haben (Art. 14).

Dass mit einer schnellen Umsetzung in der Bundesrepublik zu rechnen ist, lässt sich insbesondere aus Aussagen der Umwelt- und Verbraucherschutzministerin Lemke zum Thema Greenwashing schlussfolgern, die erst kürzlich betonte, dass wirksame Regelungen gegen Greenwashing nötig seien, um gegen „fragwürdige Umweltversprechen“ von Unternehmen vorzugehen.

Was die EU-Kommission für eine europaweit einheitliche Umsetzung plant, wird in Teilen bereits in der deutschen Rechtsprechung umgesetzt. Insbesondere wird hierin die Verwendung von Begriffen wie „klimaneutral“ oder „CO2-reduziert“ geprüft.

Im nächsten Schritt muss der Kommissionsvorschlag nun das ordentliche EU-Gesetzgebungsverfahren durchlaufen und vom Europäischen Parlament und dem Rat gebilligt werden.