Disput zwischen den Zivilsenaten am BGH beigelegt

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) bestätigte mit seinem Urteil vom 12. März 2021 (Az. V ZR 33/19) zwar seine bisherige Rechtsprechung und legte dennoch zugleich den Disput über die fiktiven Mängelbeseitigungskosten mit dem VII. Zivilsenat bei: Bei Mängeln an der Kaufsache kann nach wie vor Schadensersatz in Höhe der so genannten “fiktiven Mängelbeseitigungskosten”, das heißt Reparaturkosten, die nicht notwendigerweise tatsächlich anfallen (müssen), verlangt werden. Im Rahmen der fiktiven Abrechnung werden trotzdem grundsätzlich alle Schadenspositionen erstattet, die auch bei einer konkreten Abrechnung erstattet werden würden, mit Ausnahme der Mehrwertsteuer.

Dieses Vorgehen des V. Zivilsenats ist jedoch nicht auf das Werkvertragsrecht übertragbar. Denn mit seiner Entscheidung vom 22. Februar 2018 (Az. VII ZR 46/17) hatte der VII. Zivilsenat des BGH entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass im Werkvertragsrecht der Besteller (Auftraggeber) im Rahmen des so genannten “kleinen Schadensersatzes” beim Vorliegen von Mängeln nicht zur fiktiven Schadensberechnung gegenüber dem Unternehmen (Auftragnehmer) befugt ist. Demnach darf der Besteller, der das Werk zwar behält, jedoch den Mangel nicht beseitigen lässt, seinen Anspruch auf Schadensersatz nicht mehr anhand erforderlicher, aber nicht aufgewendeter Mängelbeseitigungskosten bemessen.

Diese Auffassung des VII. Zivilsenats bei Mängeln am Werk sei jedoch nicht auf das Kaufrecht übertragbar. Mit Beschluss vom 13. März 2020 (Az. V ZR 33/19) legte der V. Zivilsenat dem VII. Zivilsenat die Frage vor, ob dieser an seiner nunmehr geänderten Rechtsprechung festhalten wolle. Der VII. Zivilsenat bejahte im Ergebnis die Frage, begründete seine neue Rechtsauffassung aber unter anderem damit, dass die Grundsätze zur Schadensberechnung beim Werk- und Kaufvertragsrecht nicht vergleichbar seien. Der V. Zivilsenat folgt dieser Auffassung nun in seiner neusten Entscheidung und führt in seinem Urteil aus, dass im Kaufvertragsrecht zum einen kein mit dem Vorschussanspruch nach §§ 634 Nr. 2, 637 BGB vergleichbares Instrument existiere, um den Besteller vor außergewöhnlichen finanziellen Belastungen zu schützen. Zum anderen schütze das Kaufvertragsrecht mit § 439 Abs. 4 BGB den Verkäufer gegen eine unangemessene Überkompensation infolge der fiktiven Schadensberechnung. Gerade eine solche Begrenzung des Schadensersatzanspruchs sei im Werkvertragsrecht nicht gegeben.

Somit bleibt es dabei, dass eine fiktive Schadensberechnung im Werkvertragsrecht nicht zulässig ist, wohingegen im Kaufvertragsrecht weiterhin Schadensersatz in Höhe der fiktiven Mängelbeseitigungskosten verlangt werden kann. Eine Vorlage der Rechtsfrage beim großen Senat für Zivilsachen zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist demnach nicht mehr geboten.