Bundeskabinett beschließt Lieferkettengesetz

Um die Rechte der Menschen zu schützen, die Waren für Deutschland produzieren, hat das Bundeskabinett am 03. März 2021 einen Gesetzesentwurf über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten, sog. Lieferkettengesetz, verabschiedet, der dazu beitragen soll, Rechtssicherheit für Unternehmen und Betroffene zu schaffen, indem erstmals klare Anforderungen an Sorgfaltspflichten definiert werden. Diese beziehen sich neben den grundlegenden Menschenrechtsstandards wie Freiheit von Kinder- und Zwangsarbeit, Schutz vor Ausbeutung, Diskriminierung und fehlender Arbeitsrechte (ILO-Übereinkommen) auch auf umweltbezogene Standards zum Schutz der Gesundheit in Form von Schutz vor illegaler Abholzung, Pestizid-Ausstoß sowie Wasser- und Luftverschmutzung. Bei dieser Thematik wurde bisher auf freiwilliges Engagement der Unternehmen gesetzt und die Verantwortlichkeit deutscher Unternehmen zur Wahrung der Menschenrechte im Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte verankert.

Deutsche Unternehmen ab einer bestimmten Größe sind zukünftig verpflichtet, in ihren Lieferketten auf die Einhaltung international anerkannter Menschenrechte zu achten. Hiervon umfasst ist der Prozess der Gewinnung der Rohstoffe bis hin zur Lieferung des fertigen Verkaufsprodukts an die Endkunden. Die zentralen Regelungen des Lieferkettengesetzes beziehen sich auf die jährliche Analyse menschenrechtlicher und umweltbezogener Risiken, Ergreifung von Präventions- und Abhilfemaßnahmen, Einrichtung von Beschwerdemöglichkeiten und transparente Berichterstattung über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten. Bei der Feststellung einer Verletzung der Vorgaben im eigenen Geschäftsbereich müssen unverzüglich Abhilfemaßnahmen ergriffen werden. Verletzungen bei unmittelbaren Zulieferern haben einen konkreten Plan zur Minimierung und Vermeidung zur Folge. Bei mittelbaren Zulieferern gelten die Sorgfaltspflichten nur anlassbezogen. Zum Abbruch von Geschäftsbeziehungen in diesem Zuge besteht grundsätzlich keine Verpflichtung. Durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle soll die Einhaltung der Vorgaben überprüft werden. Auch die Auferlegung von Bußgeldern ist möglich.

Das Gesetz soll jedoch nicht nur dazu beitragen, den Schutz der Menschenrechte in globalen Lieferketten zu verbessern, sondern auch zum Abbau von Wettbewerbsnachteilen, sofern Unternehmen bereits freiwillig in diesem Bereich in ihre globale Verantwortung investiert haben.

Eine neue Regelung hinsichtlich einer zivilrechtlichen Haftung sieht das Gesetz nicht vor. Diese erfolgt weiterhin nach dem jeweils anwendbaren Recht, so dass Unternehmen nach deutschem Recht in der Regel nur für eigenes Verschulden oder das Verschulden ihrer Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfen im Sinne des § 278 BGB bzw. § 831 BGB haften. Geregelt ist jedoch, dass künftig Rechte der privaten Geschädigten von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Gewerkschaften im eigenen Namen im Rahmen einer Prozessstandschaft eingeklagt werden können. Bei Verstößen gegen das Gesetz sind außerdem Bußgelder möglich. Ferner können Unternehmen bei schwerwiegenden Verstößen bis zu drei Jahre von der öffentlichen Beschaffung ausgeschlossen werden.

Mit Inkrafttreten des Gesetzes zum 01. März 2023 werden zunächst Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern in die Verantwortung gezogen, ab 2024 stehen auch Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitern im Fokus. Im Anschluss soll der Anwendungsbereich des Gesetzes evaluiert werden. Langfristig wird eine einheitliche Regelung auf europäischer Ebene angestrebt. Das EU-Parlament plant, noch vor dem Sommer einen konkreten Gesetzesvorschlag vorzulegen. Dieser soll deutlich über das hinaus gehen, was die Bundesregierung auf nationaler Ebene beschlossen hat. Nach dem derzeitigen Votum des Parlaments sollen die Betroffenen etwa nicht nur vor Gerichten der EU-Staaten klagen dürfen, sondern insoweit – abweichend vom deutschen Gesetzesentwurf – frei wählen können, welches Recht dabei Anwendung findet. Auch die zivilrechtliche Haftung der Unternehmen für Verstöße in Drittstaaten soll ebenso wie der Bereich der in die Pflicht genommenen Unternehmen erheblich ausgeweitet werden.