Die neue Raumordnung für die deutsche AWZ – Teil 1

Im Jahre 2009 gab es erstmalig einen Raumordnungsplan für die deutsche Ausschließliche Wirtschaftszone (kurz: “AWZ”) für den Nord- und Ostsee Bereich. Seit rund 2 Jahren sind die Aktualisierung und Fortschreibung dieses Plans im Gange. Wie auch bei Raumordnungsplänen an Land sieht das Verfahren die Beteiligung der Öffentlichkeit und von Behörden sowie eine umfassende Umweltprüfung vor. Nach Auslegen des 1. Planentwurfs und dem Eingang verschiedener Stellungnahmen sowie Umweltberichte, liegt nunmehr der 2. Entwurf vor. Gemäß den Vorgaben des § 9 Abs. 3 ROG, wonach Änderungen erneut ausgelegt werden müssen, sofern sie bestimmte Belange erstmalig oder verstärkt betreffen, wurde der Entwurf erneut zur Kenntnisnahme der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt (Fristablauf war der 25.06.2021). In Abstimmung mit den beteiligten Bundesministerien haben das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie (“BSH”) und das Bundesministerium des Innern, Bau und Heimat (“BMI”) den Entwurf insbesondere in den Bereichen Schifffahrt, Windenergie sowie Schutz und Verbesserung der Meeresumwelt angepasst.

Als übergeordnetes Ziel der Raumplanung wird der Ausgleich wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Interessen ausgewiesen, um die Umsetzung der Ziele der Vereinten Nationen, nicht nur hinsichtlich des Klimaschutzes, sondern auch mit Bezug zum kulturellen Austausch und zu internationalen Beziehungen angemessen zu berücksichtigen. Dies soll erreicht werden durch zwischenstaatliche Kooperationen, der Berücksichtigung von Transport- und Wertschöpfungsketten mit Hinblick auf Land-Meer-Wege sowie durch Grundsätze und Vorgaben für eine ressourcenschonende und nachhaltige Meereswirtschaft. Die angesprochenen Grundsätze sind geprägt durch eine sparsame und optimierte Flächennutzung, durch die Reversibilität fester Anlagen sowie eine ganzheitliche Betrachtung von Aus- und Wechselwirkungen verschiedener Nutzungsarten.

Im Rahmen aller ausgewiesenen Nutzungsarten ist der Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffverkehrs stets besondere Beachtung geschenkt, denn: die bis maximal 200km von der Küste ausgehende AWZ geht bekanntlich nicht mit einer Hoheitsgewalt des dem betreffenden Staates einher. Vielmehr werden dem Staat funktionale Hoheitsrechte gemäß dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (“SRÜ”) eingeräumt. Darunter sind mitunter das Recht zur wirtschaftlichen Ausbeutung inkl. Fischfang zu nennen oder auch die Nutzung des Gebiets zur Stromerzeugung, u.a. durch die Errichtung von Offshore Windparks (“OWP”). Ausweislich des SRÜ herrscht in allen AWZs jedoch die Freiheit des Schiffsverkehrs. Folglich ist es notwendig, dass etwaige Raumordnungspläne diese Freiheit entsprechend berücksichtigen. In der konkreten Umsetzung des Planentwurfs bedeutet dies, dass dort wo Vorbehaltsgebiete aufeinandertreffen, die Schifffahrt grundsätzlich Vorrang genießt, wobei aber nach dem neuen Entwurf stets die beste Umweltpraxis sowie der aktuellste Stand der Wissenschaft und Technik zugrunde zu legen sind. Angesichts der Wichtigkeit des internationalen Handels durch Seeschifffahrtswege sowie der Zunahme dessen, versucht der Entwurf rechtliche Vorgaben sowie aktuelle Entwicklungen in Einklang zu bringen.

Hinsichtlich der Ausweisung bestimmter Gebiete zur Nutzung für Windenergie sind folgende Vorgaben von Bedeutung: Als allgemeines Erfordernis zur wirtschaftlichen Nutzung müssen nach Ende ihrer Nutzungszeit die dort befindlichen Anlagen vollständig abgebaut werden, um die Flächen freizugeben. Der Entwurf stellt weiter fest, dass Windenergie zur Erreichung der Klimaziele unerlässlich ist. Der Raumordnungsplan berücksichtigt deshalb schon jetzt Flächen zur Nutzung für OWP, um insbesondere den langen Planungs- und Genehmigungszeiträumen Rechnung zu tragen. So werden bestimmte Gebiete als Vorbehaltsgebiete für OWP ausgewiesen. Der jeweilige OWP wird im Planungs- und Genehmigungsverfahren trotzdem überprüft und muss genehmigt werden. Der Vorrang bewirkt, dass die ausgewiesene Zone vorranging für OWPs „reserviert“ wird – es sei denn, das Gebiet ist für den Schifffahrtsverkehr oder Fischereiforschung unerlässlich. In jedem Fall müssen die jeweiligen Fahrzeuge die Windparkgebiete durchqueren können. In Anbetracht des im Windseegesetzes ausgewiesenen Ziels, Windenergie bis 2040 auf 40 GW aufzustocken, ist die vorausschauende Planung einerseits sehr zu begrüßen, andererseits auch unvermeidbar gewesen.

Die bis dato ergangenen Stellungnahmen und veröffentlichten Entwürfe und Bekanntmachungen finden Sie unter diesem Link: https://www.bsh.de/DE/THEMEN/Offshore/Meeresraumplanung/Fortschreibung/fortschreibung-raumplanung_node.html;jsessionid=83234A4481362AD2B79C350285C16276.live11294.

Über die Stellungnahmen verschiedener Beteiligter und etwaige Updates werden wir in einem weiteren Artikel in Kürze berichten.