Die Zukunft des Zivilprozesses

Kommt bald die zeitgemäße Modernisierung des Zivilverfahrens? Bereits im Februar dieses Jahres diskutierten über hundert geladene Richter*innen (digital) auf dem Zivilrichtertag über die Vorschläge der Arbeitsgruppe „Modernisierung des Zivilprozesses“. Die Gruppe wurde im Jahr 2019 eingesetzt, um potenzielle technische Möglichkeiten und deren Einbindung in das Zivilverfahren zu erörtern.

Das 126 Seiten umfassende Diskussionspapier der Arbeitsgruppe enthält eine Vielzahl innovativer Ansätze, um die Digitalisierung des Zivilprozesses voranzubringen. Änderungen könnten demnach in formaler sowie inhaltlicher Hinsicht erfolgen. Die Arbeitsgruppe schlägt u.a. vor, ein bundesweit einheitliches Justizportal einzurichten. Solche digitalen Portale haben sich bereits in anderen europäischen Ländern bewährt und sollen insbesondere als Übermittlungsweg für die Angebote der elektrischen Justiz fungieren. So soll etwa ein Online-Mahnverfahren geschaffen werden.

Ferner wird eine Änderung der Einreichung des Parteivortrages in Betracht gezogen. Insoweit wird erwägt, dass die Parteien in einem gemeinsamen Online-Dokument ihren Tatsachenvortrag jeweils tabellarisch gegenüberstellen. Hierdurch soll eine übersichtliche chronologische Darstellung des Sachverhaltes geschaffen werden.

Die Arbeitsgruppe hat auch ein Konzept zu einem sog. beschleunigten Online-Verfahren ausgearbeitet. Die Teilnahme soll für Bürger*innen freiwillig, für Unternehmen auf Beklagtenseite hingegen verpflichtend sein. Eröffnet wäre das Verfahren für vermehrt auftretende Verbraucherstreitigkeiten, deren Streitwert eine Summe von EUR 5.000,00 nicht übersteigt. Auf eine mündliche Verhandlung soll hierbei grundsätzlich verzichtet werden.

Auch Kostenfestsetzungsverfahren könnten zukünftig in einfach gelagerten Fällen automatisch ablaufen.

Sollten die Vorschläge sich durchsetzen, wäre eine umfassende Novelle der Zivilprozessordnung (ZPO) unumgänglich.

Kritisch sei jedoch insbesondere anzumerken, dass die Vorschläge und Abstimmungen zunächst „aus der Praxis, für die Praxis“ stammen sollen. Bisher wurde jedoch nur die Justiz einbezogen und das aus Richtern bestehende Gremium ist ferner nicht repräsentativ für die Justiz im gesamten Bundesgebiet. Weder die Anwaltschaft noch die Bürgerschaft konnten bis dato konstruktiv an der Gestaltung eines moderneren Zivilprozesses mitwirken. Doch sind es gerade die Bürger*innen, denen der Zugang zur Justiz vereinfacht und transparenter gestaltet werden soll, um einen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten. Die Berücksichtigung etwaig divergierender Interessenlagen steht derzeit demnach noch aus.