EuGH: Deutsches Recht verletzt die Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur
In einem wegweisenden Urteil (EuGH, Urteil v. 02. September 2021, Az. C-718/18) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die Bundesnetzagentur die Netzentgelte für Strom und Gas komplett unabhängig von der Politik festzulegen hat. Der Gerichtshof hat der Vertragsverletzungsklage der EU-Kommission in vollem Umfang stattgegeben.
Gegenstand der Klage waren die EU-Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (Richtlinie 2009/72/EG) sowie die EU-Erdgasbinnenmarktrichtlinie (Richtlinie 2009/73/EG). Diese Richtlinien wurden vom deutschen Gesetzgeber nicht ordnungsgemäß umgesetzt.
Nach den EU-Richtlinien soll ausschließlich die Bundesnetzagentur dafür verantwortlich sein, die Fernleitungs- oder Verteilungstarife festzulegen. Dem widerspricht jedoch § 24 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), der aktuell eine Verordnungsermächtigung für die Bundesregierung vorsieht. Danach konnte die Bundesregierung bislang die Bedingungen für den Netzzugang und die Methoden zur Bestimmung der Entgelte für den Netzzugang durch Verordnungen festlegen. Dies insbesondere gegenüber der Bundesnetzagentur. Mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshof wird das der Vergangenheit angehören. Nach Ansicht des Gerichtshofs bedarf es einer völligen Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörde, damit gewährleistet ist, dass diese gegenüber Wirtschaftsteilnehmern und öffentlichen Einrichtungen unparteiisch und nicht diskriminierend handelt. Somit wird die Stellung der Bundesnetzagentur gestärkt. Die Entscheidungskompetenzen müssen von der Bundesregierung auf die Bundesnetzagentur verlagert werden.