Corona – Maßnahmenpaket zur Existenzsicherung

Die aktuelle Lage um Covid-19 birgt Unsicherheiten und Herausforderungen für die gesamte Weltwirtschaft. Um den drohenden Leistungsstörungen und Insolvenzrisiken von nationalen Unternehmen jeder Größe flexibel begegnen zu können, hat das Bundeskabinett heute einen Gesetzesentwurf zur Abmilderung der Folgen der Covid-19 Pandemie beschlossen. Der Gesetzesentwurf dient als Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen und sieht tiefgreifende Ergänzungen zum Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vor.

Ursprünglich war vorgesehen, deutlich umfassendere Regelungen zu Leistungsverweigerungsrechten auch zwischen Unternehmen zu beschließen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Regelungen evtl. in einem weiteren Maßnahmenpaket zur Anwendung kommen. Nachfolgend sind die in diesem Paket für Unternehmen wichtigsten Änderungen zusammengefasst.

Insolvenzrecht:

  • Insolvenzantragspflichten sollen bis zum 30.09.2020 ausgesetzt werden. Dies soll die nötige Zeit verschaffen eine drohende Insolvenz beispielsweise durch die Inanspruchnahme staatlicher Hilfsmittel oder durch eigene Sanierungsmaßnahmen abzuwenden.
  • Diese Regelungen gelten nicht, wenn die drohende Insolvenz nicht auf den Auswirkungen der Corona Krise beruht. Die Beweislast liegt bei demjenigen, der sich auf das Bestehen der Antragspflicht beruft.
  • Der Anreiz für selbstständige Finanzierungsmaßnahmen wird unterstützt durch die Privilegierung neuer Kreditvergaben mit Hinblick auf Anfechtbarkeit und haftungsrechtliche Regelungen.
  • Auf Gläubigerseite wird für einen 3-monatigen Übergangszeitraum das Recht zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ausgesetzt.

Änderungen im Bereich der Schuldverhältnisse:

Das Einführungsgesetz zum BGB wird in Art.240 die folgenden Regelungen enthalten:

  • Verbrauchern wird ein Leistungsverweigerungsrecht eingeräumt, wenn es um die Leistungserbringung im Rahmen eines Verbrauchervertrags geht, welcher ein Dauerschuldverhältnis begründet und vor dem 08.03.2020 geschlossen wurde. Umfasst sind nur wesentliche Dauerschuldverhältnisse, d.h. „solche, die zur Eindeckung mit Leistungen der angemessenen Daseinsvorsorge erforderlich sind“.
  • Gleiches gilt für Kleinstunternehmen, wenn diese aufgrund der Folgen der Pandemie Leistungen nicht erbringen können oder eine Leistungserbringung die wirtschaftlichen Grundlagen des Betriebs gefährden würde. Wesentliche Dauerschuldverhältnisse sind hier solche, die Leistungen betreffen, welche notwendig sind zur angemessenen Fortsetzung des Erwerbsbetriebs.
  • Im Darlehensrecht gilt für Verbraucherverträge, die vor dem 15.03.2020 geschlossen wurden, eine gesetzliche Stundung für die Dauer von 3 Monaten für Rückzahlungen, Zins- und Tilgungsbestimmungen, wenn der Verbraucher Einnahmeausfälle hat, die auf die Pandemie zurückzuführen sind und ihm die Leistungserbringung unzumutbar machen. Parteien wird die Möglichkeit eingeräumt abweichende, einverständliche Regelungen zu treffen. Unabdingbar ist der Ausschluss von Kündigungen wegen Zahlungsverzugs, wegen wesentlicher Verschlechterung der Vermögensverhältnisse oder der Werthaltigkeit einer gestellten Sicherheit. Der Ausschluss gilt bis zum Ablauf der Stundung.
  • Für Mietverhältnisse gilt, dass Vermieter aufgrund von Zahlungsrückständen, die entstanden sind zwischen dem 01.04.2020 und 30.06.2020, nicht kündigen können. Dies gilt sowohl für Wohnraummietverhältnisse, als auch für gewerblich genutzte Grundstücke und Räume. Den Mieter trifft die Verpflichtung im Streitfall glaubhaft zu machen, dass sein Zahlungsverzug auf den Auswirkungen der Corona Krise beruht. Zu beachten ist, dass die Zahlungsverpflichtung weiterhin besteht und die Regelungen über den Verzug unberührt bleiben. Kündigungen aus anderen Gründen bleiben ebenfalls möglich.
  • Für Pachtverträge gelten die Regelungen für Mietverhältnisse entsprechend.

Im Bereich des Gesellschafts-, Genossenschafts- und Vereins- Stiftungs- und Wohnungseigentumsrechts:

  • Es sind Erleichterungen für die Durchführung von Versammlungen und Beschlussfassungen vorgesehen, u.a.:
    • Teilnahme an einer Versammlung, ohne präsent zu sein (z.B. Online-Teilnahmen)
    • Verkürzungsmöglichkeit der Einberufungsfrist auf 21 Tage
    • Möglichkeit eine Hauptversammlung statt innerhalb der Achtmonatsfrist, innerhalb eines Jahres durchzuführen
    • Möglichkeiten Beschlüsse außerhalb einer Versammlung zu fassen.
  • Die spezifischen Erleichterungen richten sich nach der Rechtsform des jeweiligen Unternehmens.

Der Gesetzgeber weist vielfach darauf hin, dass die Dauer der Auswirkungen der Krise auf die Wirtschaft nicht absehbar ist. Um flexibel auf Umstände reagieren zu können, enthält das Gesetz Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen, welche eine Verlängerung der Geltungsdauer der Vorschriften ermöglichen, sollte diese notwendig sein.

Zudem bleiben weitergehende haftungs- und anfechtungsrechtliche Begleitregelungen noch unklar, so dass in naher Zukunft mit weiteren Änderungen zu rechnen ist.