Übergang der vorläufigen Eigenverwaltung ins eröffnete Verfahren

Recht unbekannt ist die Eigenverwaltung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens, welche in §§ 270 ff. Insolvenzordnung (InsO) geregelt ist. Hierbei handelt es sich nicht um eine eigene Verfahrensart, sondern vielmehr um Sonderregelungen, die die klassische Regelinsolvenz gänzlich anders ablaufen lassen. Auf Antrag des Schuldners entscheidet das Insolvenzgericht, ob das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung stattfindet oder ob die Regelinsolvenz angeordnet wird.

Zentraler Unterschied ist die Bestellung des (vorläufigen) Sachwalters. Dieser hat, vergleichen mit einem starken (vorläufigen) Insolvenzverwalter, im Grunde lediglich die Aufgabe, den Schuldner zu überwachen und dafür zu sorgen, dass die jeweiligen Verfahrensregeln der InsO eingehalten werden. Der Schuldner behält damit die Verfügungsgewalt über sein Unternehmen. Ein Kontrollverlust tritt nicht ein. Ziel dieses Verfahrens ist die Fortsetzung des Geschäftsbetriebes, sodass das Unternehmen erhalten bleiben und saniert werden soll.

Der Zeitraum zwischen dem Insolvenzantrag und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird in solchen Fällen als vorläufige Eigenverwaltung bezeichnet. Sofern der Antrag des Schuldners auf Eigenverwaltung nicht offensichtlich aussichtslos ist, wird das Insolvenzgericht einen vorläufigen Sachwalter bestellen. Dieser überwacht die Geschäftsführung und muss nur bei außergewöhnlichen Geschäften, die also nicht zum normalen Geschäftsbetrieb gehören, zustimmen. Sofern der vorläufige Sachwalter widerspricht, darf der Schuldner auch keine Verbindlichkeiten, die zum normalen Geschäftsbetrieb gehören, eingehen.

Ob das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung auch verbindlich eröffnet wird – also seine Vorläufigkeit verliert – hängt von einigen Faktoren ab. Sobald aber Umstände bekannt werden, die erwarten lassen, dass ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird, wird das Regelinsolvenzverfahren eröffnet. Auch wenn der vorläufige Gläubigerausschuss die Entscheidung nicht einstimmig trägt, wird das Gericht die Eigenverwaltung nicht anordnen.

Sobald die Regelinsolvenz eröffnet wurde, tritt die sogenannte Beschlagnahme des schuldnerischen Vermögens ein. Damit verliert der Schuldner die Befugnis, über sein Vermögen zu verfügen. Gleichzeitig erwirbt der Insolvenzverwalter eben dieses Recht und kann damit die Insolvenzmasse verwalten und verwerten. Zudem dürfen ab Eröffnung der Regelinsolvenz die Gläubiger nicht mehr auf das Vermögen des Schuldners zugreifen, sodass Einzelvollstreckungsmaßnahmen nicht mehr möglich sind.

Wie auch im vorläufigen Verfahren der Eigenverwaltung kontrolliert und beaufsichtigt der Sachwalter im eröffneten Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung die Geschäftsführung. Forderungen der Gläubiger sind bei ihm anzumelden und seine Zustimmung ist nur bei dem Eingehen von Verbindlichkeiten notwendig, die nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören. Der Schuldner übernimmt weiterhin zahlreiche Aufgaben, die im Regelinsolvenzverfahren vom Insolvenzverwalter vorgenommen werden. Hierzu gehören beispielsweise die Aufstellung des Verzeichnisses der Massegegenstände sowie der Vermögensübersicht und die Rechnungslegung.

Aus aktuellem Anlass:

Durch die entsprechenden Beschlüsse des Amtsgerichts Hamburg vom 01.07.2019 wurden die Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung -gemäß der Anträge von Senvion- für die Senvion Holding GmbH (Az.: 67g IN 118/19) und die Senvion GmbH (67g IN 113/19) eröffnet.

Ungeachtet der insolvenzrechtlichen Verfahrensart, stellt Senvions Insolvenz nach wie vor für den Bereich On- und Offshore-Wind eine Herausforderung dar. Insbesondere laufende Großprojekte und deren Auftragnehmer können sich dem Sog der Insolvenz nicht entziehen und sind auf Lösungen angewiesen. Carneades Legal LLP liefert weiterhin diese Lösungen, verhandelt sie ergebnisorientiert und setzt diese auch um.