Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Deutschland eingeleitet

Die EU-Kommission bemängelt die in Deutschland übliche und auf entsprechende Vorschriften in der Vergabeverordnung basierende Praxis, Auftragswerte von Planungsleistungen zu addieren. Daher hat sie kürzlich ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet.

Generell ist es nach deutschem Recht so, dass bei der Auftragswertberechnung von beabsichtigten Bauvorhaben, die in einem Auftrag mit mehreren Losen vergeben werden sollen, die Werte der einzelnen Lose addiert werden. Bei der Vergabe von Planungsleistungen werden dabei nur solche Lose addiert, die gleichartige Leistungen zum Gegenstand haben. Daher ist es möglich, dass der Auftragswert verschiedener Planungsleistungen jeweils getrennt beurteilt wird.

Grundlage des deutschen Vergaberechts sind die europäischen Vergaberichtlinien. Diese müssen von den Mitgliedsstaaten der EU in nationales Recht umgesetzt werden. Passiert dies nicht oder nicht richtig, wird ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren bei der EU-Kommission eingeleitet. In der hier anzuwendenden EU-Richtlinie ist geregelt, dass grundsätzlich der geschätzte Gesamtwert aller Lose zusammenzurechnen ist. Eine Ausnahme für Planungsleistungen ist in den europarechtlichen Vorschriften nicht zu finden. Die EU-Kommission ist daher der Ansicht, dass die Auftragswerte aller Lose, die Planungsleistungen zum Inhalt haben, zusammenzurechnen seien. Die bisherige Praxis in Deutschland verstoße daher gegen die Vorgaben der EU-Richtlinie.

Die Bundesrepublik hat nun zwei Monate Zeit, um auf die von der Kommission vorgebrachten Beanstandungen zu reagieren. Eine Anpassung der maßgeblichen Vorschrift in der nationalen Vergabeverordnung hätte als Konsequenz, dass der für EU-weite Ausschreibungen geltende Schwellenwert bei nahezu jedem Projekt erreicht werden würde.